[Supergau] Fwd: [Debatte-Grundeinkommen] Süßes Gift: SZ-Beitrag und Antworten

Thomas Eber te-listen at mailbox.org
Fr Feb 10 14:45:37 CET 2017


Hallo Helga, *,

ich habe sie ja schon auf Facebook beschimpft. Verbohrte
Gewerkschaftsbetonköpfe. Und so was darf für die Süddeutsche schreiben...

Da finde ich andere Links erfreulicher.





Gruß,
Thomas




Am 10.02.2017 um 14:33 schrieb Helga Fischer:
> Der Artikel macht gerade die Runde...
> 
> 
> ----------  Weitergeleitete Nachricht  ----------
> 
> Betreff: [Debatte-Grundeinkommen] Süßes Gift: SZ-Beitrag und 
> Antworten
> Datum: Donnerstag 09 Februar 2017
> Von: "Joachim Winters via Debatte-Grundeinkommen" 
> <debatte-grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de>
> An: Debatte-Grundeinkommen at listen.grundeinkommen.de
> 
> 7. Februar 2017, 18:53 Uhr  
> Außenansicht  Süßes Gift
> 
> Anke Hassel, 51, ist wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- 
> und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der 
> Hans-Böckler-Stiftung.
> 
> Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde die Gesellschaft spalten und 
> den Aufstieg bisher Benachteiligter verhindern.  
> Von Anke Hassel 
> 
> Die Idee wird bei Ökonomen, Managern, Aktivisten und Unternehmern 
> immer beliebter: das bedingungslose Grundeinkommen als Alternative 
> zur traditionellen Sozialpolitik. Statt wie bislang Hilfe zum 
> Lebensunterhalt bei Notlagen und Leistungen aus der Arbeitslosen- 
> und Rentenversicherung bei Arbeitslosigkeit und im Alter soll es in 
> Zukunft den gleichen Betrag für alle geben. Im Gespräch sind Beträge 
> zwischen 1 000 und 1 200 Euro im Monat für jeden Erwachsenen. Dafür 
> gibt es dann keine Sozialhilfe, kein Hartz IV, aber voraussichtlich 
> auch keine Rentenversicherung oder Arbeitslosenversicherung mehr.
> Das Grundeinkommen verspricht Freiheit, weil sich jeder und jede 
> selbst überlegen kann, ob sie, ob er erwerbstätig sein will oder 
> lieber Freiwilligendienste oder auch gar nichts tun will. Es 
> verspricht auch der Politik den Luxus, sich nicht mehr um 
> Arbeitslosigkeit zu sorgen. Und es erscheint für Unternehmen als 
> eleganter Weg aus der Rationalisierungsfalle. Arbeitsplätze, die dem 
> technischen Wandel oder der Globalisierung zum Opfer fallen, sind 
> kein Problem mehr, da im Zweifel die Betroffenen finanziell 
> abgesichert sind und zu Hause ihre Kinder betreuen oder Hobbys 
> nachgehen können.
> 
> Dennoch ist das Grundeinkommen eine Sackgasse. Das am häufigsten 
> genannte Problem ist die Finanzierbarkeit. Die Kosten sind nicht 
> beziffert, sicher ist nur, dass sie hoch sein werden. Wie Einkommen 
> und Vermögen dafür besteuert werden sollen, bleibt offen. Es wäre 
> das größte finanzielle Wagnis in der neueren Geschichte, wenn das 
> Sozialsystem radikal auf ein Grundeinkommen umgestellt würde.
> Aber die finanzielle Seite ist noch nicht einmal das wichtigste 
> Argument gegen ein Grundeinkommen. Das Grundeinkommen ist ein 
> verführerisches Gift. Es nutzt den Rändern der Gesellschaft auf 
> Kosten ihrer Mitte. Für Bedürftige und Langzeitarbeitslose ist das 
> Grundeinkommen eine Hilfe, weil es den Druck zur Arbeitsaufnahme 
> nimmt und die unangenehmen Seiten der Aktivierungspolitik beseitigt. 
> Die Reichen wird es voraussichtlich nicht mehr kosten als bisher und 
> ihnen zugleich ihr soziales Gewissen erleichtern. Steigende soziale 
> Ungleichheit wäre dann kein gesellschaftlicher Skandal mehr, da alle 
> ja ein Auskommen haben, liege es auch nahe an der Armutsgrenze. 
> Gerade daraus ergeben sich drei wesentliche Gründe, die gegen ein 
> bedingungsloses Grundeinkommen sprechen:
> 
> Erstens wird das Grundeinkommen die Gesellschaft weiter spalten und 
> soziale Mobilität verhindern. Jene, die aufgrund ihrer familiären 
> Herkunft gute Aussichten auf eine interessante Beschäftigung und ein 
> hohes Einkommen haben, werden weiterhin am bestehenden Arbeitsethos 
> festhalten, sich in Schule und Studium engagieren und zwischendurch 
> das eine oder andere Sabbatical einlegen. Das ist eine feine Sache. 
> Jungen Menschen aus der bereits bei der Bildung benachteiligten 
> Hälfte der Gesellschaft, aus Arbeiter- und Migrantenfamilien, wird 
> der Aufstieg jedoch noch schwerer gemacht, als er ohnehin schon ist. 
> Das süße Gift des Grundeinkommens wird sie bei jedem Schritt in 
> ihrer Schul- und Berufsausbildung begleiten. Die Kinder aus dem 
> Berliner Problembezirk Neukölln sagen heute oftmals: "Ich werde 
> Hartzer", wenn sie gefragt werden, was ihre Berufsziele sind.
> In Zukunft werden sie stattdessen "Ich werde Grundeinkommen" dazu 
> sagen. Ihre Zahl wird in dem Maße steigen, wie auch das 
> Grundeinkommen steigt. Ihre Motivation, in sich selbst zu 
> investieren und über qualifizierte Arbeit aufzusteigen, wird täglich 
> auf eine neue Probe gestellt werden, und zwar in einem Alter, in dem 
> man sowieso mit sich und den Anforderungen der Umwelt zu kämpfen 
> hat. Der Rest der Gesellschaft wird sich um diesen Aufstieg noch 
> weitaus weniger kümmern als heute - die Leute sind ja versorgt.
> Zweitens fehlt dem bedingungslosen Grundeinkommen die 
> gesellschaftliche Legitimation. Es lassen sich derzeit keine Modelle 
> vorstellen, in denen alle Teile der Gesellschaft gleichermaßen 
> gewinnen. Wahrscheinlich ist daher, dass ein bedingungsloses 
> Grundeinkommen von der Mitte der Gesellschaft an diejenigen 
> umverteilt, die nicht oder nur in geringem Umfang erwerbstätig sind. 
> Umfassende Sozialleistungen, die über reine Armutsbekämpfung 
> hinausgehen, werden jedoch über bestehende 
> Gerechtigkeitsvorstellungen legitimiert - wie auch sonst? Dazu 
> gehört das Ziel der Chancengleichheit, das etwa Bildungsausgaben 
> oder die Erbschaftsteuer begründet. Oder die Leistungsgerechtigkeit, 
> die eine Art Risikoversicherung gegen Arbeitslosigkeit und Alter 
> begründet und damit eine Verbindung zwischen Beiträgen und 
> Auszahlungen schafft.
> 
> Einwanderer integrieren sich vor allem am Arbeitsplatz
> Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird prinzipiell mit einem 
> Bürgerrecht auf Einkommen begründet, wobei offen bleibt, warum dies 
> auch jenen bezahlt werden soll, die es gar nicht brauchen. Wer es 
> fordert, kann sich damit nicht auf eine Solidarität mit Schwächeren 
> berufen, da diese sowohl im Hinblick auf den Kreis der Begünstigten 
> wie auch im Umfang begrenzt wäre. Die erwerbstätige Mitte, die das 
> Grundeinkommen zwar finanzieren soll, sich jedoch voraussichtlich 
> materiell dadurch nicht grundsätzlich besser stellen wird, kann 
> diese Form der "bedingungslosen" Umverteilung in ihrem 
> Gerechtigkeitsempfinden wohl nicht abbilden. Deshalb sind große 
> Umverteilungsprogramme bei Wählern in der Regel nicht beliebt; 
> selbst bei denen nicht, die wahrscheinlich davon profitieren würden. 
> Aus dem Grund haben die Schweizer das Grundeinkommen beim Referendum 
> im vergangenen Jahr mit großer Mehrheit abgelehnt.
> 
> Drittens ist das bedingungslose Grundeinkommen das Gegenteil von dem, 
> was eine rasch wachsende Einwanderungsgesellschaft braucht. Bei 
> einer hohen Zahl von Arbeitsmigranten und anderen Zuwanderern sind 
> mehr Mechanismen der gesellschaftlichen Integration nötig und nicht 
> weniger. Es ist eine Erfahrung, die jeder im Alltag machen kann: 
> Menschen begegnen sich am Arbeitsplatz, sie lernen einander kennen, 
> erfahren Wertschätzung und lernen die Sprache. In dieser Situation 
> den Menschen einen Grund zu geben, aus der Erwerbsarbeit 
> auszusteigen, nicht mehr Qualifikationen zu erwerben, sondern zu 
> Hause zu bleiben, wäre ein fatales Signal.
> 
> Dessen ungeachtet brauchen wir eine Debatte über eine gute 
> Gesellschaft, die nicht allein auf Erwerbstätigkeit und den 
> Arbeitsmarkt setzt. Es gibt viel gesellschaftlich notwendige Arbeit, 
> die nicht über den Markt erfolgen kann und die honoriert werden 
> muss. Das bedingungslose Grundeinkommen ist jedoch dafür der 
> falsche Weg.
>   
> 
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